Erster September



Hast du einen besonderen Tag im Jahr?


Bei mir ist es der *Erste September*.


An einem 01. September begann ich mein Berufs*Leben mit einer Ausbildung zur Damenschneiderin. Sieben Jahre später startete ich an diesem Tag in die Selbständigkeit – als Schneidermeisterin.


Ursprünglich wollte ich in den Mode*Journalismus. Ich wollte über die magische Welt der Mode schreiben. Über schöne Kleider - und über das, was sie aus und mit uns machen.


Über dieses uns umgarnende und miteinander verwebende Mode*Universum, das uns zusammenspinnt und ja, auch verschleißt.


Ich bin in einer Schneider*Familie und in der Heim*Werkstatt meiner Mutter groß geworden. Anfangs im Lauf*Stall, dann aktiv auf zwei Beinen.


Meine Mutter stach mich mit einer Stecknadel in den Finger und verbrannte mir einen anderen Finger am Bügeleisen.


Mit dieser für sie hoch*effektiven Erziehungsmethode war klar: Um *Stichstich* und ums *Heißenbiegen* würde ich ab sofort einen Bogen machen – und sie konnte sich entspannt dem Nähen widmen.


Doch mit dem Älter*Werden wurde mein Bogen um Nadeln und Bügeleisen kleiner. Nähen war angesagt – auch wenn die Lehrmethoden meiner Mutter in mir ihre Spuren hinterließen.


Eine Hass*Liebe entstand – zu Mutter und Mode.


Bei meiner Berufs*Wahl sollte es eine Kombination dann richten: Mode*Journalismus – Mode und Schreiben.


Doch meine handwerkliche und kreative Begabung übernahm die Führung und ich blieb in der Schneiderei. Vergessen war meine Liebe zum Schreiben.


Erst nach vielen Werkstatt*Jahren wurde mir bewusst: Ich lebe den Lebens*Traum meiner Mutter. Sie wollte immer ein Mode*Atelier führen. Ich habe es umgesetzt.


Nach 15 Jahren war Schluss. Diese *andere Frau in mir* war nicht mehr zu überhören.


Über viele verschiedene berufliche Etappen startete ich meine *Reise zu mir* - wieder an einem 01. September. Wohin mich meine Reise führen sollte? Ich hatte keine Vorstellung. Ich wollte einfach nur heraus aus der Werk*Statt.


Heraus aus fremden Lebens*Kleidern, hinein in meine eigene Lebens*Kollektion.


Erst heute sehe ich dieses umgarnende und uns miteinander verwebende Universum, das uns als Familie zusammengesponnen und ja, auch verschließen hat.


Dass meine Mutter und ich heute wie zwei Freundinnen nebeneinander sitzen, in einem Foto*Album blättern und gemeinsam lachen können – das habe ich mir lange kaum vorstellen können.


Warum das heute möglich ist?


Eine magische Anziehungs*Kraft führte mich an einem seidenen Faden.


Ich bin auf meiner Reise auf Tuch*Fühlung gegangen – mit mir selbst und meiner WUNDE. Wieder und wieder.


Jetzt darf ich ein WUNDEr leben.


Der Kosmos der Mode, der mich von klein an faszinierte, wurde Heilungs*Raum – für meine Familie und mich.


Und auch das vergessene Schreiben habe ich auf meinem Weg zu dieser *anderen Frau in mir* wiedergefunden – zwischen all den getragenen und abgelegten Lebens*Kleidern.


Vielleicht war es ein 01. September, an dem meine Mutter meine Wunde aktivierte – als sie mich in den Finger stach.